Deine Kirche Media streamt EKD-Synode mit Canon CR-N500
Der Teufel steckt im Detail
von Timo Landsiedel,
Covid-19 sorgte in den letzten zwei Jahren auch bei der evangelischen Kirche für leere Häuser. Bereits zwei Jahre zuvor hatte Kameramann Kai-Fabien Rolf für den Kirchenkreis Bramsche eine Medien-Initiative aufgebaut und Erfahrung mit Streaming erworben. Er hat uns für unser Heft 4.2022 geschildert, warum es plötzlich Aufträge hagelte, wie er die Synode im November 2021 auf Remote umbaute und welche PTZ-Technik er einsetzt.
Covid-19 machte im Frühjahr 2020 auch vor der Kirche nicht halt. So sah sich auch die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) im Frühjahr 2020 geschlossenen Gotteshäusern und gestrichenen Gottesdiensten gegenüber. Innovation kam wie so oft nicht von der Institution als solche, sondern von engagierten Menschen vor Ort. Kai-Fabien Rolf ist einer davon. Mit der Kirche über Konfirmation und Jugendarbeit immer verbunden, machte er nach dem Realschulabschluss eine Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton bei Kamera Zwei in Hannover. 2013 schloss er die Ausbildung ab und wechselte 2015 zu TVN. Danach machte er sich als Kameramann selbstständig.
In dieser Zeit baute er im niedersächsischen Bramsche den Mediendienst der Evangelischen Jugend Bramsche auf. 2018 stellte ihn der Kirchenkreis Bramsche dafür in Vollzeit an, denn das Projekt hatte auch Strahlkraft innerhalb der evangelischen Kirche, weil es zu Menschen gelangte, die vorher nicht erreicht wurden. „Da durften wir vor allem ganz viel ausprobieren“, betont Kai-Fabien Rolf. Dann kam das Frühjahr 2020. Und plötzlich klingelte bei Rolf stetig das Telefon. „Alle sprachen plötzlich von Livestreams und ,Wie übertrage ich meinen Gottesdienst?‘“, sagt der Medienmacher. Seit 2017 streamte der Mediendienst regelmäßig auch Gottesdienste, Erfahrung war also da. Ein weiteres Mal handelte der Kirchenkreisvorstand äußerst professionell und wandelte in kürzester Zeit die ehrenamtliche Gruppe in eine GmbH um.
Technologie
Zu den Kunden von Deine Kirche Media GmbH gehören neben vielen kirchlichen Auftraggebern auch solche aus der privaten Wirtschaft. So stellt das Unternehmen
zum Beispiel für Sat.1 regelmäßig EB-Teams, wenn es regionale Aufnahmen in Osnabrück und Umgebung zu machen gibt. Im Frühjahr 2020 baute Rolf das Technikportfolio aus. Er schaffte das ATEM 2 M/E Advanced Panel an und baute stärker auf SDI um, was auch BMD Studiokameras von Blackmagic Design einschloss. „Ein schönes Blackmagic- Setup: Solange man nichts Externes hineinholt, läuft es gut“, scherzt Kai-Fabien Rolf. „Das war unsere Rock‘n‘Roll-Ausrüstung für Live-Produktionen.“ Ein weiterer Zugang im Equipment-Pool waren dann zwei Canon C300 Mk III, um auch den 4K-Sektor abzudecken.
Zu den Projekten, die Rolf dann ab März 2020 umsetzte, gehörten Livestreams für die Gemeinden, aber auch hybride Konferenzen, wie die zweimal im Jahr stattfindende EKD-Synode, quasi der Bundestag der Evangelischen Kirche in Deutschland. Für flexiblere Live-Setups machte sich der Kameramann und Geschäftsführer auf die Suche nach guten PTZ-Kameras. Doch er war skeptisch. „Das Bild war oft einfach nicht schön“, erklärt Rolf. „Ich habe an unsere Produktionen schon den Anspruch, dass es nicht nach EB aussehen soll.“ Noch während er auf der Recherche nach möglichen Kandidaten war, eröffnete ihm sein Technikpartner MediaTec, dass auch von Canon PTZ-Kameras angekündigt seien. Rolf schaute sich die Testaufnahmen an und war überzeugt von dem Look der Canon CR-N500. Die Kamera ist für IP-Videostreaming geeignet, hat einen 1,0-Zoll-Typ 4K UHD-Sensor, der mit dem Dual Pixel CMOS AF ausgestattet ist. Hinzu kommt ein 15-facher optischer Zoom und ein Bildstabilisator.
Jetzt gab es nur ein Problem: Die Kameras waren erst für den Frühsommer 2020 angekündigt. Rolf aber brauchte die Geräte schon im Mai für die Synode der EKD. MediaTec und Canon schafften es tatsächlich, seine drei bestellten Kameras bis zur Synode im Mai 2020 zu liefern. So kam die Deine Kirche Media GmbH in den Besitz der ersten ausgelieferten CR-N500-PTZ-Kameras. Das Bedienpanel war allerdings noch nicht verfügbar, also erhielt Rolf als Leihgabe zunächst das Skaarhoj PTZ Pro Panel, das sich sich als großes Plus erwies. „Im Gegensatz zum Canon-Panel hat es physische Tasten und Kontrollen statt eines Touchscreens“, so Rolf. Deswegen behielt er das Skaahoj-Panel. „Das mag aber anderen Nutzern anders gehen.“ Die Synode im Mai ging vorüber, das Event konnte von Rolf und seinem Team mit der Ausrüstung gut abgedeckt werden. Mit den gehobenen Ansprüchen, den Canon C300 Mk III und auch den nagelneuen Canon CR-N500 wollte Kai-Fabien Rolf aber über kurz oder lang ein wenig von seiner Blackmagic-Infrastruktur abrücken. Er entschied sich so im Vorfeld der Synode im November für einen NewTek TriCaster TC1. Für ihn vereint dieser das Beste aus zwei Welten: einerseits die klassische BNC-Verkabelung, andererseits die Möglichkeit, über NDI- Steuerung und Bildsignal der PTZ-Kameras zu übertragen.
Synode 2021: PTZ im Einsatz
Die 2. Tagung der 13. Synode war als Präsenzveranstaltung vom 7. bis 10. November 2021 geplant. Im Bremer Maritim-Hotel war der Hauptsaal gemietet. Drei Tage zuvor reiste Rolf mit seinem Team an und begann mit dem Aufbau. „Die Anforderung war eigentlich eine Video- und Ton-Hallenbespielung für 350 Anwesende“, so Geschäftsführer Rolf. Es war von vornherein geplant, dass auch über Zoom vereinzelt Leute zugeschaltet werden, doch das Präsidium sollte auf der Bühne sitzen und es sollte einen Stream der gesamten Synode auf YouTube geben.
Am Morgen vor der ersten Veranstaltung kam die Nachricht von einem positiven Covid-Tests im Rahmen der Vorbereitungen der Veranstaltung. Die Verantwortlichen der EKD entschieden daraufhin, die Synode komplett digital abzuhalten. „Wir hatten das zwar hybrid geplant, aber Priorität hatte die Halle“, so Rolf. „Plötzlich war das völlig uninteressant und es ging nur noch um einen sehr gut funktionierenden Stream.“ Kai-Fabien Rolf entschied mit seinem Team, alles vor Ort auf den Stream hin zu optimieren, vor allem visuell und organisatorisch in der Halle. „Hier war von großem Vorteil, dass wir aus den Veranstaltungen im November 2020 und Mai 2021 die Erfahrung von kompletten Digitalveranstaltungen hatten.“
Das Bühnensetup wurde noch einmal umgestaltet. So wurden zunächst die für das Auditorium gedachten LED- Wände tiefer gehängt, damit sie direkt hinter dem Bühnengeschehen hingen. Zusätzlich wurden die Kamerapositionen von zwei der Canon CR-N500 verändert. Eine stand fest an der Regie für die Totale der Bühne. Die PTZ-Kameras waren für die Seiten der Bühne geplant, wo sie nicht nur Podium, sondern auch Gesprächsbeiträge der sechs Stellen für Wortmeldungen im Auditorium im Blick gehabt hätten. „Das war natürlich jetzt hinfällig“, so Rolf. Er baute in die dritte Reihe des Auditoriums zwei 65-Zoll-Monitore. Die Canon-PTZs stellte er so nah wie möglich neben die beiden Monitore, auf denen für das Präsidium die Zoom-Konferenz der Teilnehmer gelegt wurde. So blickten die Verantwortlichen ihren Gesprächspartner immer ins Gesicht.
Die Kameras waren zuvor bereits mit Positionen und Einstellungsgrößen programmiert worden, auf welche sie per Knopfdruck fahren konnten. Diese wurden noch einmal angepasst, allein schon aufgrund der geänderten Position im Raum. So waren mehrere Halbtotalen, Zweier und Dreier sowie eine nahe Einstellung des Rednerpults möglich. Gerade die Programmierung der PTZ-Kameras erwies sich als wichtiger Pluspunkt bei der neuen Planung. Denn für ausführliche Proben gab es keine Zeit. So bekamen die Tische, an denen das Präsidium saß, Nummern, die in den Speicherplätzen der PTZs über das Pult abgerufen werden konnten. Schärfe, Belichtung, Gain – alles kann von vorn- herein bestimmt werden. „Wenn ich jetzt die Kamera in die Wallachei fahre und auf die ‚1‘ drücke, dann ist das Bild genau wieder an der Stelle mit allen eingestellten Parametern abrufbar“, so Rolf. „Bei sehr vorhersehbaren Veranstaltungen – und das sind Konferenzen nun einmal – speichert man das einmal ab und es ist eine unheimliche Arbeitserleichterung.“ Auch eine manuelle Fahrt und ein Zoom waren möglich.
Kai-Fabien Rolf zieht aus der Synode 2021 in Bremen eine besondere Lehre. „Wir kommen weg vom klassischen Verkabelungsmanagement“, so der Geschäftsführer von Deine Kirche Media. „Bei NDI ist es ja so, dass da plötzlich vieles über ein einziges Kabel geht, sogar hin und her.“ Nur ein Netzwerkkabel an die Bühne zu legen, an die Seite einen Switch zu legen und darüber drei Kameras laufen zu lassen, dafür sei ein Umdenken nötig. „Das ist ein großer Spielraum, der sich da eröffnet. Vor allem mit PTZ-Kameras, die diese Gestaltung aus der Ferne ermöglichen, vielleicht sogar für Remoteproduktion.“ Was heißt das für Kameraleute? „Das Aufgabenprofil ändert sich“, so Kai- Fabien Rolf. „Ich brauche Personen, die sich mit der gestalterischen und technischen Bedienung der PTZ-Kameras auskennen.“ [15093]