Colorgrading Workshop an der ifs in Köln mit internationalen Größen
Echte Farben
von Sven Kubeile,
Im September 2024 fand an der ifs in Köln Mülheim ein Color-Grading-Workshop mit international bekannten und gefragten Größen unserer Branche statt. Wir durften für unser Heft 12.2024 exklusiv dabei sein und haben erfahren, warum professionelle Farbbearbeitung weit mehr sein kann als ein Look-up-Table über ein Video zu legen.
Jeder in unserer Branche kommt früher oder später mit den Themen Farbräume oder Farbkorrektur in Berührung – ob bewusst, um sicherzugehen, dass das finale Endprodukt auch auf dem Bildschirm gut aussieht, oder aber dadurch, dass man feststellen musste, dass der eigene Film auf anderen Bildschirmen komplett anders aussieht. Doch nicht immer ist das technische Hintergrundwissen vorhanden, das manche gestalterische Entscheidung erleichtern und begründen kann.
Im September 2024 lud daher die Internationale Filmschule ifs zu einem Colorgrading Workshop nach Köln ein. Initiiert wurde der Workshop vom Kölner Coloristen und Dozenten Dirk Meier, der zunächst selbst eine kleine Einführung übernahm und alles Organisatorische erklärte. Danach begann der eigentliche Workshop mit den beiden Experten Dr. Charles Poynton und Laurens Orij, die sich abwechselnd der vielen Themen rund um die Themen Farbkorrektur, Farbräume und der menschlichen Wahrnehmung annahmen.
Color-Grading-Management und Farbkorrektur
Die Farb-Reise beim Workshop an der ifs begann mit den Grundsätzen der menschlichen Wahrnehmung. Denn wer sich mit dem Thema Farbkorrektur beschäftigt, sollte sichauch über die menschlichen Farbgewohnheiten im Klaren sein. Aber nicht nur die Frage, ob ein Kleid nun goldfarben oder blau war, erwies sich für viele Teilnehmende als ein wichtiges Aha-Erlebnis, denn das Seminar drehte sich nicht wie viele YouTube-Videos darum, wie man einen schönen Look hinbekommt, sondern vielmehr um alles, was dem zugrunde liegt.
Wer sich ein wenig mit dem Filmemachen beschäftigt, weiß, dass man grundsätzlich die Farbbearbeitung in die primäre und sekundäre Farbkorrektur unterteilt. Dabei wird bei der primären Farbkorrektur das Bild global bearbeitet, wohingegen die sekundäre Farbkorrektur einzelne Bereiche selektiv beeinflusst. Der Inhalt des Workshops setzte aber noch viel grundlegender an, und zwar dort, worüber sich viele angehende Filmemacher keine Gedanken machen.
Von der Kamera auf den Schirm
Die erste Essenz des Workshops ist, dass die eigentliche Arbeit nicht daraus besteht, einen schönen Look hinzubekommen, sondern es zunächst zu ermöglichen, die Wirklichkeit so gut es geht abzubilden. Das bedeutet, dass das Thema Farbkorrektur und vor allem Color Management bei einer Produktion oberste Priorität einnehmen muss. Grundsätzlich sollte Farbraum-Management nicht nur etwas sein, mit dem sich der Colorist oder die Person im Schnitt befasst, sondern es betrifft alle Bereiche der Produktion. Ein gutes Farb-Management beginnt auf technischer Seite bei der Kamera am Set und endet bei der Produktion. Es ist also zunächst wichtig, was die Kamera alles sieht, wie sie es sieht und wie sie das Gesehene abspeichert. Als Nächstes folgt dann die Frage, wo das finale Bild gezeigt werden soll und wie das Bild bearbeitet werden muss, um auf Screen oder Leinwand gut und realistisch zu wirken.
Dabei gibt es eine ganz grundsätzliche Hürde: Unser Auge ist ein echtes High-End-Instrument und wir müssen es schaffen, die Wirklichkeit genauso wie fiktionale Inhalte so realistisch wie möglich an unser Auge zu verkaufen. Wir sehen die Welt mit einem sehr hohen Dynamikumfang. Das Problem ist, dass die meisten Geräte nur einen sehr begrenzten Dynamikumfang wiedergeben können und wir genau dafür Filme machen.
So prägte der Satz von Charles Poynton „Wenn wir im Tageslicht unterwegs sind, haben wir es mit einer Helligkeit von 32.000 cd/m² zu tun, ein gängiger Computerbildschirm kann gerade einmal 320 cd/m² ausgeben und ein gängiger Beamer gerade einmal 32 cd/m².“ Dabei entspricht 1cd/m² einem Nit. Das verdeutlicht, dass das Grundproblem nicht das ist, einen schönen Filmlook hinzubekommen, sondern das Bild für das Publikum an ihren jeweiligen Endgeräten passend aufzubereiten.
Fernab von Color Grading
Obwohl der angebotene Workshop ein Color-Grading-Workshop war, mag es die meisten Menschen verunsichern, wenn man sagt, dass nicht einmal DaVinci Resolve geöffnet wurde oder Baselight zu sehen war. Und das nicht ohne Grund – auch hier verlassen sich die meisten Kolleginnen und Kollegen aus der Filmemacher-Zunft auf LUTs oder aber auf die Color-Space-Transform-Funktion in Resolve. Diese wurde aber sehr schnell in der Luft zerrissen und Orij erklärte anhand von eigenen Folien, was er stattdessen macht. Sein Job ähnelt nämlich sehr stark dem eines Programmierers. Für DaVinci Resolve gibt es die eigene Programmiersprache DCTL, DaVinci Color Transform Language, mithilfe derer man sich benutzerdefinierte Farbtransformationen anlegen und eigene Effekte auf Pixel-Ebene erstellen kann. Das öffnete vielen Teilnehmenden die Augen, was das Thema Farbraumumwandlung anging.
Von Profis für Profis
Wie sich wahrscheinlich schon aus den letzten Absätzen herauslesen lässt, war dieser Workshop an der ifs nichts für Hobby-Filmemacher – und das sollte er auch nicht sein. Profis, die sich intensiv mit dem Thema Farbe beschäftigen möchten, kamen hingegen auf ihre Kosten und konnten von dem breit gefächerten Wissen der internationalen Gäste profitieren. Neben den sehr tiefen technischen, psycho-visuellen und programmierseitigen Einblicken bleibt vor allem hängen, dass, wenn wir ein YouTube-Video zum Thema „Film-Look in DaVinci Resolve für Anfänger“ anschauen, eigentlich alles Wesentliche zum Thema Farbkorrektur und Farbräume missachten. Es kommt zunächst darauf an, mit welcher Kamera bei welchem Licht gedreht wird und wo das finale Endprodukt zu sehen sein soll. Erst wenn man es tatsächlich geschafft hat, die Lebendigkeit einer Szene mit den 32.000 Nits Helligkeit des Tageslichts auf einem 32 Nit starken Beamer wiederzugeben, kann man sich sinnvoll mit unterschiedlichen Bildlooks befassen. [15500]