Aleksander Koleski und Eugen Gross sind die Gründer der Aiconix GmbH. Unser Autor Volker Striemer hat in unserer Ausgabe 6/2019 nachgefragt was KI für die Medienbranche bedeuten wird – und heute schon bedeuten kann.
Wie weit gehen die Empfehlungen eurer KI? Kann sie einschätzen ob ein Spielfilm erfolgreich sein wird oder nicht, weil er bestimmte Prämissen nicht erfüllt? Eugen Gross: Das ist das Ziel, allerdings muss ich dich enttäuschen. Spielfilm ist noch nicht auf der Liste. Da sind zu viele Faktoren. Deswegen haben wir uns erst mal auch auf kurze Formate konzentriert, auf Online-Videos zwischen drei und fünf Minuten. Deren Dramaturgie erst mal zu erfassen mit Daten: ist das jetzt eine Heldenreise oder ist das ein Zweiakter, Dreiakter? Was ist der Plot? Das allein ist schon sehr komplex. Aber es geht immer um das Geschichtenerzählen. Unsere Plattform vereint viele KIs. Das führt dazu, dass wir kuratieren können. Der Kunde braucht diese Auswahl nicht treffen. Wir er- weitern das mit unseren eigenen KIs, bei Special Interest für Filmemacher. Dann geht es ins Storytelling. Das muss abgeglichen werden mit Analysedaten, aus unserem Neuro-Labor. Ziel ist die Geschichte, die Dramaturgie zu verstehen und Empfehlungen zur Zielgruppe zu geben. Natürlich ist der Horizont der Spielfilm. Ein dickes Brett, das wir jetzt schon bohren, aber um realistisch zu sein: Bis dahin wird noch ein bisschen Zeit vergehen.
Wer ist die Zielgruppe und welche Kosten fallen für diese an? Eugen Gross: Im Moment ist es ein Pay-Per-Call. Ein Vergleich: 1.000 Bilder in der Grundkonfiguration kosten 50 Cent. Da werden nur Labels vergeben. Kommt Gesichtserkennung hinzu, kommen noch MilliCent dazu. Also 1.000 Bilder zu 50 Cent, das ist nix. Und ähnlich wenig ist es bei Speech-to-Text. Wir haben kein Abo, was monatlich etwas kostet. Wir bieten die externen Services für denselben Preis an, wie die Dienstleister selbst. Unsere Kunden sind sehr differenziert. Wir wollen natürlich den Filmproduktionen, den Redakteuren näherbringen, ihren Workflow zu beschleunigen, indem wir eine Oberfläche gebaut haben, wo man Speech-to-Text machen kann. Einfach ein mp4 oder mp3 hochladen, dann kommt ein Text zurück, editierbar selbstverständlich, um diesen dann in einem Worddokument mit Timecode heraus zu kopieren. Die Zielgruppe sind natürlich Medienhäuser, die massive Datenmengen haben, die dann unsere analysierten Daten zurückbekommen und diese in der Infrastruktur des Medienhauses weiterverarbeiten können. Da sind wir auf einen Gatekeeper gestoßen. Es ist für viele Medienhäuser doch technisch relativ komplex, das so zu integrieren, dass jeder im Haus etwas davon hat und sind jetzt einen anderen Weg gegangen. Wir sind also erst mal über die Multiplikatoren gegangen, das heißt Unternehmen, die Content Management Systeme, Digital Asset Management bisher schon in das Medienhaus gebracht haben. Das heißt hier kann jeder, auf jedem Schnittplatz, auf jedem Schreibtisch schon die Informationen abrufen: Welches Bild ist das? Und wenn die Medienhäuser die Daten generieren, die wir brauchen und diese einfach nur in dem System hinterlegen, dann hat jeder was davon. Für uns ist das ganz wichtig, dass die Masse dann auch darauf zugreift. Wir müssen das System belasten und es macht für uns auch nur Sinn, wenn wir viele, viele Daten bekommen, welche wir für das Training der KI brauchen. Im Moment funktioniert das sehr gut für die Multiplikatoren.
Leidet nicht durch Automatisierung die Kreativität? Eugen Gross: Das sind Berührungsängste. Ich weiß es von mir selbst. Ich würde mir vom Computer ungern vorschlagen lassen, was ich zu tun habe, weil ich bin ja kreativ. Das wird auch so bleiben. In der Phase, in der wir jetzt technisch sind, kann der Computer mir ganz viel Arbeit abnehmen, damit ich schneller arbeiten kann, damit mein Produkt eher fertig wird. Der Computer wird mir nur Empfehlungen geben, über die ich mich hinwegsetzen kann. Ich glaube diese Berührungsängste muss man den Leuten auch nehmen. Es ist nun mal nicht mehr so, wie damals, als wir im 7er-Team rausgefahren sind. Ein Medienschaffender macht heute drei Dreiminüter am Tag im Ein- Mann-Team und genau diese Autoren brauchen, dadurch dass sie unter Zeitdruck sind, eine Hilfestellung. Kreativ wird immer nur der Mensch sein. Die Maschinen können nur etwas replizieren, was wir ihnen beigebracht haben. Gegenwärtig ist es ja so, dass wenn du einen Film machst, drei Filme machen musst. Einen kurzen, einen langen, einen für das Handy, einen für YouTube, einen für Facebook. Das sind viele Versionen. Da wird vielleicht schon mal helfen, dass du die Langversion selbst noch schneidest und eine KI die einzelnen Schnittversionen dann optimiert und an die Kanäle ausstellt. Aus deinem Fünf-Minuten-Film werden dann mehrere 30-Sekünder gemacht, die dann für Social Media automatisiert sind. Da gibt es ganz viele Varianten, was alles möglich ist.
Stichwort: Datenschutz? Eugen Gross: Es wird immer auf China geschaut. Die respektieren auch die Daten des Einzelnen nicht und das ist bei uns ein Thema. Wir sind immer DSGVO-konform und deswegen gibt es manche Sachen, die wir machen können, andere nicht. Ich bin trotzdem guter Dinge, dass wir in Europa mit der Europäischen Datenschutzverordnung in den Medienunternehmen ganz viele Möglichkeiten haben, KIs einzusetzen – und nicht zum Schaden der Menschen, sondern um die Leute zu unterstützen.