Produkte von Praktikern für Praktikern: Das Sumolight-Konzept brachte mit der Gründung 2011 US-amerikanische Oberbeleuchterpraxis mit deutscher Ingenieurskunst zusammen. Daraus entwickelte sich eine wahrlich innovative Produktfamilie. Wir haben das Unternehmen für unsere Ausgabe 10.2019 in Berlin besucht.
(Bild: Timo Landsiedel)
Ungewöhnliche Formen von Leuchten sind immer ein Hingucker. Das gilt für die freistehenden Einzelröhren von Digital Sputnik und Kino Flo, für das SpaceX von Creamsource oder die diversen Textil-LEDs von zum Beispiel Carpetlights. Meist folgen sie einer Grundidee, bei den Tuben war das die Vereinzelung, bei SpaceX der Gruppierung mit fast schon zu viel Spielerei und bei den Textillösungen der Flexibilität.
Das Sumospace fiel da mit seiner sechseckigen Form schnell ins Auge. Auch nur Spielerei? Mitnichten. Die modulare Bauweise die zur sechseckigen Form führt, ermöglicht schnelle Fertigung, schnelle Wartung und leichtes Gewicht. Die flache Bauweise gestattet platzsparende Stapelbarkeit beim Transport. Wer jetzt noch die hohen CRI-Werte notiert und das patentierte Optiksystem hinzuaddiert, hat eher das Gefühl, die Daten von mehreren unterschiedlichen Geräten zu lesen. Doch diese Eigenschaften vereint das Sumospace in sich. Im Jahre 2015 stellte die Sumolight GmbH das Produkt erstmals auf der Cine Gear Expo in Los Angeles vor. Auf Anhieb gewann das Sumospace dort den begehrten Tech Award der Messe und stach dabei sogar das ARRI Skypanel aus. “Das hat damals einen großen Eindruck gemacht”, erinnert sich Geschäftsführer Tim Zur. “Wir haben dann nochmal eine ganze Weile gebraucht, bis wir mit der Produktion in die Breite gehen konnten.” All diese Lorbeeren jedoch kamen nicht von ungefähr.
US-PRAKTIKER UND DE-INGENIEURE
Ende der 2000er überlegten zwei amerikanische Beleuchtungsspezialisten, ein eigenes Produkt zu entwickeln. Jake Sarfaty und David Yellin hatten in unterschiedlichsten Beleuchtungs- und Elektronikpositionen bei zahlreichen Hollywoodproduktionen mitgearbeitet. Darunter waren Projekte wie “Fluch der Karibik”, “Flightplan” oder “Mr. & Mrs. Smith” mit bis zu 4000 Scheinwerfern an der Studiodecke. Irgendwann sagten sie sich, das ist alte Technologie, es geht in Richtung LED. Warum nutzen wir nicht die Chance und entwickeln unser eigenes Wunschgerät? Beide hatten keinen tiefen, technischen Hintergrund. Yellin unterhielt jedoch freundschaftliche Beziehungen nach Deutschland. So entschied er als Initiator des Projekts, amerikanische Erfahrung und deutsche Ingenieurskunst zusammen zu bringen. Nach den ersten Ideen und dem Start der Entwicklung um 2008 und 2009 herum war das Team 2011 soweit, dass es ein Konzept hatte, von dem sie glaubten, dass es als Produkt funktioniert und um darauf ein Unternehmen aufbauen zu können. 2011 wurde formal gegründet.
Tim Zur stieß vor drei Jahren als Geschäftsführer zum Team in Berlin. Hier sind mittlerweile sechs feste Mitarbeiter beschäftigt. Das Kernteam umfasst neben Zur Klaus Hamlescher, er verantwortet den Bereich Lichtformerentwicklung sowie Marketing-Sales, Philipp Kubina ist CTO und Hauptentwickler, für die mechanische Entwicklung ist Sascha Jazbinsek zuständig. Michael Scholtalbers, Software und Firmware, Masha Khristina Office Managerin. Bei einem Gang durch die Fertigung fällt ein weitere Vorteil des Sitzes in Berlin auf. SRM Printtechnik, tätig in Schaltungsdesign und Platinenbestückung und einer der wichtigsten Zulieferer für das Unternehmen, sitzt auf der gleichen Etage.
SUMOLIGHT 100
Nach der Gründung kam das erste Produkt Sumolight 100 recht schnell. Die Jahre zuvor waren von Forschung und Weiterentwicklung geprägt. Tim Zur erläutert: “Den Gründern war klar, dass sie erst einmal Basistechnologien entwickeln mussten, um darauf aufzubauen.” So entstand das patentierte Kühlsystem, das keinen Kühlkörper an eine LED-Platine setzt, sondern dessen Platinenboard, auf der die LEDs sitzen, ist der Kühlkörper. “Wir haben also eine Ebene rausgenommen”, erläutert Zur. “Darüber gewinnen wir einige wichtige Prozentpunkte an Effizienz.” Tatsächlich hat das Team die Differenz nie explizit gemessen. Je nach Einsatz schätzen die Berliner den Wert auf zwischen 5 und 8 Prozentpunkte. Für eine Vergleichsmessung müsste das LED-Panel mit einem klassischen Kühlkörper bestückt werden.
Ebenso wurde hier früh die Grundlage für die Art und Verwendungsweise der LEDs gelegt, die das Team verwenden wollte. Auch hier setzte das Team nicht auf die RGBW-Trend, sondern auf Bi-Color, für die sie in detaillierten Austausch mit dem Zulieferer standen. Die Sumo100+ erreicht bei einer Range von 3.000 bis 5.700K einen TLCI-Wert von 99, CRI 95 und CQS 95. Hier schon war das Licht flickerfrei bei allen Bildraten.
2012 kam also das Sumolight 100, die Plusvariante erst 2015. Diese brachte mehr Output, 70 Prozent bei Daylight, 30 Prozent bei Kunstlicht. Im gleichen Jahr stellte Sumolight das Sumospace vor. Dessen Entwicklung war schon früh gestartet. Bereits nach der Gründung formulierten Sarfaty und Yellin die Vision eines Spacelights. “Zu Beginn dachten wir, das Sumospace ist eine LED-Version des traditionellen Oberlichts”, so Tim Zur. “Aber die Anwender sagten: ‘Jaja, super – aber wir können noch ganz andere Sachen damit machen.'” Das gilt vor allem für die Kombination mit den Optiken.
SUMOSPACE
Diese sind patentgeschützt und liegen für das Sumospace in den Winkelvarianten 30, 60 und 120 Grad vor. Die Optiken haben eine dreieckige Form, die auf die sechs einzelnen LED-Sektoren der Leuchte aufgesteckt werden. Jedes der Optikdreiecke ist mit 36 Linsen versehen. Das Element ist mit einem kurzen Handgriff vor den LEDs arretiert und auch wieder lösbar. Sumolight selbst bietet Rigs zur Kombination von drei sowie sieben Leuchten an. Die Alugestelle Super 3 und Super 7 sind dabei inklusive Lampen noch so leicht, dass sie von einem oder zwei Beleuchtern getragen werden können. Beim Super 3 hängen bis zu 90.000 Lumen im Rig, beim Super 7 immerhin 210.000. Durch die Optiken können die Sumospace-Leuchten auch in hohen Studiohallen in großer Höhe für gerichtetes Licht sorgen. Hinzu kommt, dass die Optiken den Output erhöhen. “Die 60 Grad-Optiken sorgen für einen Faktor von 2, die 30er etwa 3,5 bis 4 – je nach Setup – und die ganz neuen 20-Grad-Optiken sind wahrscheinlich zwischen Faktor 7 und 9”, sagt Tim Zur.
Aktuell wurde für eine internationale Produktion mit den Sumospace und den 30-Grad-Optiken gedreht. Das Team um Zur gab der Produktion “zum Ausprobieren” ein Set aus zehn 20-Grad-Optiken mit. Die Lichtcrew ließ ausrichten, wenn sie das gewusst hätten, hätten sie gleich die 20er bestellt.
Die Gründer entwickelten noch den Prototypen des Sumospace mit. Von der damaligen Vision sind die Ideen noch in der aktuellen Modellvariante vorhanden, die Umsetzung ist teilweise komplett anders. Mittlerweile ging Farfaty zurück ans Set nach Los Angeles, Yellin gründete 2017 die Covert Science GmbH und entwickelt aktuell in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut eine flaches, wasserdichtes Hochspannungsnetzteil. In Berlin ging unterdessen die Entwicklung weiter. Die Steuerung beider Produkte von Sumolight ist über RDM/DMX möglich. Gerade in der Vernetzung von Leuchten sehen die Entwickler noch enormes Potential. Die Akkulösung ist eine externe, das hat aber damit zu tun, dass das elektronische Konzept der Leuchte selbst eine andere Lösung nicht zulässt. Hieraus entwickelten die Macher einen Vorteil. Die ist etwas größer, sodass auch eine Kino Flo oder ein Skypanel versorgt werden kann. Zudem ist hier eine Standard-Steckdose integriert, die auch ein Laden von Smartphones am Messestand erlaubt. Mit der kleinsten Akkulösung lässt sich das Sumospace zwei Stunden betreiben, die größte schafft im gleichen Zeitraum sechs Leuchten.
AUSTAUSCH MIT ANWENDERN
Klaus Hamlescher betont, dass diese Lösungen, wie auch alle Accessories intern entwickelt und dann im Bestfall auch inhouse und mit externen Partnern zusammen realisiert werden: “Das ist unser Anspruch, auch alles aufeinander abzustimmen.” Fast nebenher entstanden ist eine der neuesten Innovationen, der Sumo Snap. Das Verbindungssystem wurde im Juni ganz neu auf der Cinegear Expo 2019 vorgestellt. Der Snap war von Sascha Jazbinseck aus der Überlegung entwickelt worden, eine platzsparende, sichere Lösung dafür zu finden, die Leuchten an der Decke im Rig oder an einem Lichtstativ zu befestigen. Für die Grundlage hält ein Mini-TV-Zapfen her, dieser wird in einen Zylinder verankert. Dieser hat einen Arretiertring, der aktiv gelöst und von roter – ungesicherter – zu grüner – gesicherter Stellung verschoben werden muss. Selbst durch einwirkende Kabel, Gegenstände oder ähnliches kann dieses System nicht aus Versehen gelöst werden. Damit dürfe es laut TÜV sogar ohne Safety verwendet werden – was aber in der Praxis niemand macht.
Für Tim Zur ist heute wichtig, den Einzelprodukten nicht eine Palette an Schwestergeräten für jede kleine Anwendung folgen zu lassen. Er möchte, dass sich das Unternehmen auf den Kern der Innovation ihrer Produkte konzentriert. Daraus, so zeigte es sich in der Vergangenheit, entstehen meist durch die Anwender selbst neue Anwendungsfälle, die sie als Entwickler gar nicht hätten planen können. Ohnehin ist dieser Austausch mit den Oberbeleuchtern und Kameraleuten enorm wichtig. Mehrmals im Jahr veranstaltet Sumolight so genannte Innovation Workshops. Hier wird eine kleine Anzahl an Praktikern vom Set eingeladen. Meist tritt das Team von Sumolight schon mit konkreten Fragen oder einem Prototyp an die Gäste heran. Wenn man keine qualifizierten Fragen stellt, führt das auch zur unqualifiziertem Feedback. “Wir haben eigentlich alle Produkte, die wir entwickelt haben, im Prototypenstadium schon in den Tests und Workshops gehabt“, sagt Klaus Hamlescher. „Es gehen auch schon früh Modelle an Produktionen raus, damit wir Feedback vom Set kriegen.”
KÜRZERE ENTWICKLUNGSZEITEN
Vertriebstechnisch konzentriert sich das Unternehmen stark auf den anglo-amerikanischen Raum. Das hatte zunächst mit der Vernetzung der Gründer Farfaty und Yellin zu tun. Sumolight-Geschäftsführer Tim Zur erläutert: “Wenn ich im deutschen Vertrieb mit einem Unternehmen spreche, das fünf Filialen hat, spreche ich mit jeder einzelnen und muss die überzeugen. In den USA ist es oft so, das ich einen Ansprechpartner habe, der eine Zusage für das dreifache des deutschen Umsatzes machen kann.” Natürlich würde es Zur und seinem Team große Freude machen, wenn die Sumospace-Leuchten zu hunderten in den Rigs des Studios Babelsberg hängen würden. Deren Produktionsstruktur, und damit die Auslastung der Studios, ist aber auch eine andere, als in Großbritannien oder in den USA. Auch hier haben sich Schwerpunkte verschoben. Einer der weltweit drei Service Center von Sumolight befindet sich neben den Niederlassungen in London und Berlin in Atlanta. “Von dort aus können wir Produktionen an der West- und Ostküste gleichermaßen schnell erreichen”, sagt Tim Zur. Bis Ende des Jahres werden es fünf Service Center sein, ein weiteres in den USA und eines in Mexiko. So kann Sumolight für die Kunden in den Produktionsstätten sicher stellen, dass diese innerhalb eines Tages einen Scheinwerfer wieder am Set haben, wenn es mal Probleme gibt.
Der Blick des Sumolight-Teams geht in die Zukunft. “Wir waren jetzt mit dem Firmenwachstum beschäftigt und der Schaffung einer Basis für die Volumenvergrößerung”, sagt Tim Zur. “Jetzt kommen wir in neue Entwicklungszyklen hinein. Da sehen wir, das wir viel, viel schneller sind in der Entwicklung.” [10316]