Der mobile Sennheiser-Funkempfänger EW-DP im Praxistest
Klare Wellen
von Sven Kubeile,
Schon vor zwei Jahren stellte Sennheiser sein digitales Funkstrecken-System EW-D vor. Mit Rack-Empfängern eignete es sich allerdings in erster Linie für ortsfeste Anwendungen. Mit dem kompakten Kamera-Empfänger EW-DP, den Sennheiser auf der NAB Show 2023 vorstellte, wird das System nun endgültig mobil. Wir haben für unsere Ausgabe 9.2023 in der Praxis ausprobiert, was der neue EW-DP kann und ob sich das Upgrade vom analogen ew G4 lohnt.
Das Sennheiser EW-D-System ist beileibe nicht neu. Schon vor zwei Jahren konnten wir feststellen, dass Sennheiser es geschafft hat, damit ein hochwertiges und und vielseitiges System auf den Markt zu bringen, das aber trotzdem noch relativ günstig ist. Was aber viele vom Kauf abgehalten haben dürfte, ist das Fehlen eines mobilen Empfängers. So musste man bei Sennheiser bis dato auf das analoge ew-G4-System oder im digitalen Bereich auf das AVX-Sys- tem gehen. Dabei konnte nur das G4-System im weniger störanfälligen UHF-Bereich agieren. Für uns war klar: wenn es nun zu den stationären EW-D-Empfängern noch mobile geben wird, sollte das System in seinem Preissegment nur schwer zu schlagen sein – und somit eine Top-Wahl für kleinere Unternehmen oder Teams, die Live-Streams betreuen oder Videos mit On-Set-Ton produzieren. Mit dem EW-DP ist diese Brücke nun geschlagen und wer bereits in ein EW-D oder EW-DX investiert hat oder überlegt, es zu tun, bekommt jetzt noch einen Grund mehr, sich das System genauer anzuschauen, denn ab sofort kann das System auch komplett mobil betrieben werden.
Empfänger EW-DP EK
Der neue EW-DP EK ist der portable Empfänger für alle Sender aus der EW-D und EW-DX-Reihe. Das Gerät ist entsprechend kompakt, trägt aber deutlich größer auf als Systeme, die etwa im 2,4-GHz-Bereich zu finden sind. Fest verbaut sind zwei Antennen, die nahezu frei in alle Richtungen beweglich sind. Sie werden nicht etwa benötigt, um zwei Sender empfangen zu können, sondern dienen der Redundanz: Der EW-DP ist ein True-Diversity-Empfänger. Auf dem Display auf der Vorderseite lassen sich alle wichtigen Einstellungen anzeigen und vornehmen. Außerdem sind bei Verwendung von Sennheiser-Akkus die genauen Laufzeiten ablesbar.
An der Seite befindet sich ein Ladeanschluss, ein Kopfhöreranschluss und ein Klinkenausgang zur Kamera, sowie der Akku- und Batterie-Schacht. An der Unterseite ist ein Gewindeanschluss, um den Empfänger fest montieren zu können. Zusätzlich kann er mithilfe interner Magnete auf einer mitgelieferten und als Coldshoe-Mount verwendbaren Platte flexibel befestigt werden. So kann man auch mehrere Empfänger übereinander stapeln, was besonders bei Interviews nützlich ist.
Der Lieferumfang ist üppig und enthält alles, was man braucht, um loszulegen. So gibt es eine flexible Montageplatte, unterschiedliche Audiokabel, ein Ladekabel, ein Akku und Batterien. Beim Thema Stromversorgung hat sich der Hersteller sichtlich Gedanken gemacht. So wird der Akku des Typs BA 70 schon mitgeliefert und kann auch in Sender des EW-D-Systems verwendet werden. Mit ihm ist jederzeit die genaue Laufzeit auf dem Display ablesbar. Das Aufladen kann direkt über den USC-C-Anschluss am EW-DP erfolgen. Alternativ bietet Sennheiser das Doppel-Ladegerät L 70 USB an. Sollte unterwegs einmal spontan der Strom ausgehen, besteht immer noch die Möglichkeit, wie bei den Sendern auch, AA-Batterien statt proprietärer Akkus zu verwenden. Das macht das System besonders vielseitig und zukunftssicher.
Praxis
Oft wurde in der Ton-Community das unkonventionelle Erscheinungsbild des Empfängers thematisiert. Besonders bei der Verwendung an Ton-Taschen sollen die Empfänger nicht gut geeignet sein. Genau das haben wir uns aber angeschaut und genau so verwenden wir das System. Über die mitgelieferte Montageplatte mit integriertem Clip können durch die beweglichen Antennen die Empfänger problemlos in handelsüblichen Soundbags verwendet werden. Dabei können sie auch während der Benutzung Strom von einer Powerbank erhalten.
Unterwegs am Set lassen sich dann die wahren Stärken des Systems feststellen. Zunächst wäre da die einfache und schnelle Bewegung. Über einen Klick können die Emp- fänger freie Frequenzbänder finden. Nach der Infrarot-Sync-Technologie, die bei den Vorgängern der Sennheiser-G4-Serie noch zum Einsatz kam, setzt der Hersteller nun auf Bluetooth. Ist die Frequenz eingestellt, so genügt ein Knopfdruck auf jeweils Sender und Empfänger und sie haben sich gefunden. Neben der Synchronisierungsfunktion kann die Bluetooth-Verbindung aber auch für die Smartphone-Fernsteuerung benutzt werden. Dort lassen sich dann insgesamt bis zu 16 Systeme gleichzeitig managen und konfigurieren. Sollten Fehler auftreten, so ist in der App jeder Schritt zur Behebung genau beschrieben, um auch tontechnisch unerfahrenen Personen mitzunehmen. Außerdem ist eine generelle Anleitung mit praktischen Tipps direkt integriert.
Die Reichweite des Systems war in unseren Anwendungsfällen jederzeit ausreichend und es kam bei normalen EB- und Interview-Anwendungen nie zu Abrissen. Insgesamt sind Sender und Empfänger in neun unterschiedlichen Frequenzbändern zwischen 470,2 und 1799,8 MHz lieferbar. Wir selbst konnten auch testen und bestätigen, dass zwei Systeme mit unterschiedlichen, aber überlappenden Frequenzbereichen an den Überlappungen miteinander kompatibel sind. Seitens des Klangs muss man beim EW-DP-System keinerlei Abstriche machen. Das drahtlose Signal ist nicht von einem kabelgebundenen zu unterscheiden. Natürlich ist auch immer wichtig, dass ein entsprechend gutes Mikrofon an den Sender gekoppelt ist. So haben wir die Taschensender EW-D SK mit dem Sennheiser MKE 2 verwendet. Damit entstand jederzeit ein sauberes Signal. Zusätzlich haben wir einen Handsender EW-D SKM-S im Einsatz, auf dem der Kapsel- Kopf MME 865-1 angebracht ist. Ist man günstige Systeme gewohnt, so fällt bei der Verwendung des Handsenders zunächst der für Sennheiser typische angenehme Formfaktor sowie der unfassbar saubere Ton mit der Kondensator-Kapsel auf. Auch hier gibt es keine Nachteile zu einem entsprechenden Kabel-Mikrofon. Ab Oktober soll es zusätzlich einen Aufstecksender geben, der beispielsweise an einer Angel genutzt werden kann. Zusätzlich funktioniert dieser auch als eigenständiger Recorder.
Tobias von Allwörden von Sennheiser sagte uns im Interview auf der NAB Show, das Besondere am Empfänger sei die Zeitersparnis, die man mit ihm erzielen kann. Das konnten wir nun aus eigener Erfahrung bestätigen. Besonders durch den hohen Dynamikumfang war kein Pegeln erforderlich und der Ton wurde immer verzerrungsfrei übertragen. Wenn man das Ganze dann noch an einem 32-Bit-Float Recorder wie dem Zoom F6 betreibt, hat man ein Rundum-Sorglos-Paket, bei dem Pegeln wirklich komplett der Vergangenheit angehört. Neben der Tonqualität ist aber auch die generelle Bedienbarkeit und das Erscheinungsbild des Systems wichtig. Ist man also als Tonpersonal mit eigenem kleinen Equipment gebucht, so macht man sich bei Profis mit dem System nicht lächerlich und hat ein System, das einen wohl nie im Stich lässt.
Fazit
Das System bietet zwar komplexe Funktionen, macht diese aber über die App und entsprechende Anleitungen sehr einfach zu bedienen. Das System kann ohne Weiteres von professionellen Teams und Ton-Leuten genutzt werden, aber auch der Content-Creator, der von auffälligen All-In-One-Sendesystemen wie dem RØDE Wireless Go II upgraden möchte, findet hier eine saubere Lösung. Einerlei, ob auf der (Streaming-)Bühne oder bei der nächsten Videoproduktion – das Sennheiser EW-D liefert. Es hat zwar etwas gedauert, bis Sennheiser das EW-DP EK vorgestellt hat, aber das Warten auf ein durchdachtes System mit hervorragenden technischen Werten zu einem günstigen Preis hat sich wahrhaftig gelohnt. Mit diesem System macht niemand etwas falsch. [15356]