Die Funkstrecke Cosmo C1 von Hollyland ist die neue Alternative zu den kleineren Strecken aus der Mars-Serie und soll deutlich mehr Reichweite und geringere Latenz bieten. Wir haben die Cosmo C1 mit auf Produktionen genommen und für unser Heft 9.2022 in der Praxis ausprobiert.
Wenn der Regisseur bei Dreharbeiten eine Live-Vorschau sehen muss oder drahtlose Kameras bei Livesendungen benötigt werden, setzen wir dazu Übertragungsstrecken verschiedener Hersteller ein. Soll das Bild während der Dreharbeiten auf einem Tablet oder Handy zu sehen, kommt die Mars 400s pro von Hollyland zum Einsatz. Die Übertragung des Bildes über WLAN an eine App wird von der Cosmo C1 zwar nicht unterstützt, dafür wird aber eine deutlich höhere Reichweite, Übertragung mit höherer Bandbreite – also eine bessere Bildqualität – und geringere Bild-Ton-Latenz versprochen. Unsere Hoffnung an dieser Stelle: der Einsatz bei einer Liveübertragung, einem Livestream.
Lieferumfang
Die Cosmo C1 wird samt Transportkoffer aus Kunststoff geliefert. Enthalten sind Sender und Empfänger, insgesamt sechs Antennen, ein Netzteil und zwei verschiedene Halterungen. Die Halterung für einen Blitzschuh wirkt zunächst etwas unstabil, was sich später auch in der Praxis bestätigen sollte. Zwei der sechs Antennen sind Pilzantennen. Diese optimierten Rundstrahler für den Sender zur Basisausstattung zu machen, gefällt uns gut. Meist sind diese Antennen mit Rundstrahlcharakteristik Sonderausstattung und mit Zusatzkosten verbunden. Hollyland empfiehlt den Einsatz der Pilzantennen bei einem „großen“ Höhenunterschied zwischen Sender und Empfänger, gibt aber keine genaue Entfernungsangabe.
Senden und Empfangen
Ein Videosignal mit bis zu 1.080p60 lässt sich per SDI oder HDMI am Sender anschließen und übertragen. Der SDI- Eingang verfügt zudem über einen Loop-Ausgang. Auf der Empfängerseite liegt das Signal dann ebenfalls am HDMI- und SDI-Anschluss an. Die Signal-Konvertierung erfolgt automatisch. Es ist also ohne zusätzliche Wandler möglich, eine SDI-Quelle an einen HDMI-Monitor und eben auch eine HDMI-Quelle an einen SDI-Monitor oder Bildmischer zu übertragen. Wir haben bei unseren Einsätzen sowohl HDMI- als auch SDI-Quellen an SDI-Bildschirme beziehungsweise Bildmischer übertragen – immer mit einer Auflösung von 1.080p50. Das Bildsignal im Codec H.265 führt zu einer deutlich besseren Bildqualität im Vergleich zur Mars
400c Pro. Zusätzlich zur Übertragung der HEVC-komprimierten Signale bieten Sender und Empfänger UVC (USB Video Class). Damit ist das Signal auch an den USB-Anschlüssen als Stream in 1.080p60 verfügbar. Mit der Funkstrecke im Gepäck hat man also immer auch eine Capture-Karte dabei.
Flexible Spannungsversorgung
Sender und Empfänger können entweder mit einem NP-F-Akku oder dem im Lieferumfang enthaltenen Netzteil betrieben werden. Wer das zusätzliche Gewicht eines Akkus nicht haben möchte, kann über Adapter eine Gleichspannungsquelle zwischen 6 und 16 Volt anlegen. Somit ist fast jeder Akku, der ohnehin für den Betrieb der Kamera verwendet wird, über ein Adapterkabel einsetzbar. Auch über den USB-C-Anschluss kann das System betrieben werden. So stehen ausreichend Optionen zur Stromversorgung zur Verfügung und selbst eine Powerbank kann zur Stromquelle werden.
Durch Bäume und Wände
Wir haben die Reichweite der Cosmo C1 draußen und auch in Gebäuden getestet. Im Außengelände konnten wir tatsächlich die versprochene Reichweite von etwa 300 Metern erreichen. Das funktionierte bei Sichtkontakt zwischen Sender und Empfänger, mit größeren Hindernissen wie Gebäuden zwischen Sender und Empfänger natürlich nicht. Kleinere Hindernisse wie einzelne Bäume sind hingegen kein Problem. Es ist sinnvoll, den Empfänger erhöht zu platzieren. Damit steigt die Chance auf Sichtkontakt und die resultierende Reichweite lässt sich erhöhen. Wir hatten den Empfänger in einer Höhe von vier Metern installiert. Im automatischen Modus schaltet die Cosmo selbstständig zwischen den verfügbaren Kanälen hin und her, je nach Übertragungsstabilität. Diesen Umschaltvorgang haben wir nicht wahrgenommen. Im Gebäudeinneren ist die Reichweite wie erwartet deutlich geringer. In unserem Beispiel konnten wir trotzdem durch bis zu zwei Wände sicher übertragen. Der Weg aus einem Raum ins Treppenhaus und dann eine Etage höher war kein Problem. Bei einer weiteren Etage oder Wand brach das Signal dann ab. Das ist unserer Meinung nach trotzdem ein beachtliches Ergebnis.
Nicht so schnell
Besondere Aufmerksamkeit galt der Latenz, die Hollyland für die Cosmo-C1-Strecke angibt. Wenn wir Video über die Cosmo und Ton mit einem Funkmikrofon übertragen, wird Latenz entscheidend für die Verwendung bei einer Live-Übertragung. Gerade beim Einsatz mehrerer Kameras bei Übertragungen oder Livestreams ist es oft schwierig, drahtlose Videosysteme synchron zu kabelgebundenen Kameras einzubinden. Von Hollyland angegeben werden „bis zu“ 40 ms. Im direkten Vergleich mit einer kabelgebundenen Kamera haben wir für die drahtlose Übertragung ein zusätzliches Delay von bis zu 140 ms eingestellt, um Synchronität zu erreichen. Nach unserer Messung ist das Delay der Übertragung also etwa dreimal größer als angegeben.
Der Einsatz der Cosmo C1 in einer Live-Umgebung mit Beschallung ist damit eher schwierig. In diesem Preissegment ist uns aber auch kein System bekannt, das deutlich weniger Latenz bietet. Wir entschieden uns im Betrieb dafür, die Kamera eher flexibel auf dem Areal einzusetzen: für hübsche Beauty Shots und Gänge, die die unpassende Synchronität nicht erkennen ließen.
Handhabung
Die mitgelieferte Blitzschuhhalterung ist für eine horizontale Installation geeignet. Sie ist allerdings nicht besonders stabil. Wir bevorzugen es auch, eine Funkstrecke vertikal zu installieren, was über den mitgelieferten Magic-Arm gut funktioniert.
Die Cosmo C1 ist direkt nach dem Auspacken einsatzbereit. Einmal mit Strom versorgt, finden sich Sender und Empfänger auf Anhieb und die Übertragung läuft. Im Menü der Cosmo gibt es die Möglichkeit, die Sprache einzustellen. Hier hat man aber nur die Wahl zwischen Englisch und Chinesisch. Außerdem ist es noch möglich, die Strecke neu zu verbinden und eine manuelle Kanalauswahl zu treffen. Bei manueller Kanalauswahl verliert man allerdings eine der Stärken der Cosmo: die nicht wahrnehmbare Umschaltung zwischen den Kanälen, die laut Hersteller innerhalb von 1 ms liegt, um immer die bestmögliche Übertragung zu ermöglichen.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis der Cosmo C1 ist überzeugend. Die Reichweite entspricht der Angabe von Hollyland. Das Delay wird dagegen etwas ambitioniert angegeben. Für uns ist sie im Live-Betrieb somit nicht uneingeschränkt einsetzbar. Die hohe Reichweite und Bildqualität sorgen aber für ein breites Einsatzgebiet. [15241]