Was ist beim Einsatz von Funkstrecken zu beachten?
Sicher senden
von Nicolay Ketterer,
Wer Drahtlosmikrofone betreiben möchte, braucht die passenden Frequenzen. Wie sieht die Lage hierzulande aus und welche Normen gelten im benachbarten Ausland? Wir haben in unserer Ausgabe 10.2024 die Lage auf der Grundlage eines Vortrags des Shure-Mitarbeiters Markus Eichhofer geklärt.
In seinem Vortrag auf der LEaT con in Hamburg lieferte Markus Eichhofer, der bei Shure für den Bereich Präsentationen, Theater und Broadcast verantwortlich ist, einen Überblick zum Thema Funkübertragung und die länderübergreifende Handhabung. Zudem erläuterte er, wie die Vergabe der Frequenzen weltweit stattfindet und was das in einem Ausblick für die Anwender in der Medienbranche bedeuten könnte. Wir fassen die wichtigsten Fakten zusammen.
Unsichtbare Mitspieler
Neben der Funkübertragung selbst ist vor allem der Kontext relevant, wo die Übertragung stattfinde. Bei Konzerten, Events oder auch Berichterstattung herrsche bereits viel Funk-Kontext, erklärt Markus Eichhofer. Dort übertragen beispielsweise WLAN, Bluetooth, Kamerasysteme oder TV-Ausstrahlungen. Auch in dem Fall müsse jegliche Technik störungsfrei funktionieren. Auch Smartphones senden auf Frequenzen, die für eine Drahtlosanlage problematisch werden können.
„Drahtlosanlagen funktionieren etwa im VHF- und UHF-Bereich, unterhalb vom Radarbereich um 5 GHz. Der VHF-Bereich verläuft von 30 bis 300 MHz, der UHF-Bereich von 300 MHz bis 3 GHz.“ Der für Mikrofonanlagen nutzbare UHF-Bereich reicht aktuell nur noch bis 700 MHz“, erläutert Eichhofer. „Dort existieren sowohl Primär- als auch Sekundärnutzer. Bei VHF ist der Primärnutzer DAB+, im UHF-Bereich DVB-T. Alles oberhalb ist bereits Mobilfunk. Der Trend wird größer werden.“
Drahtlos-Nutzende müssten als Sekundärnutzer darauf achten, dass der Primärnutzer, dem die Frequenzbereiche zugewiesen sind, keinesfalls gestört wird. Alle Regeln, die der Primärnutzer in seinem Frequenzbereich aufstellt, seien daher für den Drahtlosbetrieb relevant. Für den Primärnutzer beispielsweise im Bereich von 470 bis 694 MHz habe die Übertragung von Bild und Ton auf Basis von DVB-T- und DVB-T2-Standards sowie die Übertragung von Rundfunk Vorrang vor sonstigen Inhalten, erklärt der Shure-Experte.
„Die Bandbreite beträgt 8 MHz, das Kanalraster ebenfalls – alle 8 MHz kann ein TV-Träger sein. Wir dürfen nicht auf DVB-T-Kanälen senden – wir müssen die DVB-T-Kanäle beim Einrichten unserer Anlage ausblenden.“ Auch der Mobilfunk dürfe nicht gestört werden – hier helfen die Werkzeuge der Hersteller von Drahtlosanlagen. Zudem seien die Sekundärnutzer dazu angehalten, gegenüber anderen Anwendern und Herstellern von Drahtlosanlagen „diskriminierungsfrei“ zu arbeiten. „Es nutzt nichts, wenn ich das gesamte Spektrum zumache und sage: ‚Ich bin safe.‘“
Anmeldefreie Bereiche
In Deutschland existieren anmeldefreie Frequenzlücken. Eichhofer nennt im VHF-Bereich beispielsweise die Bereiche 174 bis 230 MHz sowie 823 bis 832 MHz, die demnach gerne von Musikern verwendet werden. Auch Bluetooth ist weltweit frei zugänglich, sprich 2,4 GHz und WLAN. Damit könne man weltweit unkompliziert kleine Setups einrichten. Besonders die DECT- und WLAN-Bereiche seien aber generell eher für semiprofessionelle Nutzerinnen und Nutzer interessant. „Für den professionellen Einsatz wären die erwähnten Bereiche nicht geeignet, um eine sichere Übertragung zu gewährleisten. Ich würde stattdessen lieber auf Technologien setzen, bei denen ich Kontrolle habe.“
Anmeldefreie Bereiche für die professionelle Nutzung in Deutschland seien 470 bis 608 MHz, 614 bis 694 MHz und 736 bis 753 MHz: Letzteres sei eine Lücke, die von der ersten zur zweiten digitalen Dividende geschaffen wurde. „Am Ende ist es ein Sicherheitsabstand für den Mobilfunk. Ob man darin seine Produktion sicher planen will, muss man sich gut überlegen.“ Auch zusätzliche Nutzung sei in Deutschland möglich, etwa anmeldepflichtige Bereiche wie 1,4 GHz, das sei für den Innenbereich möglich. „Es gibt Sonderfrequenzen, die man bei der Bundesnetzagentur beantragen kann. Für die Schweiz ist es ähnlich, dort kümmert sich unter dem Stichwort ‚Frequenzzuweisungsplan‘ die Bakom darum.“
Grenzüberschreitende Regulierung
Unterschiedliche Länder definieren den Nutzen für die jeweiligen Frequenzbänder anders. Für die DACH-Region Deutschland, Österreich und die Schweiz sind die Zuweisungen der Frequenzen bei der „International Telecommunication Union“ (ITU) niedergelegt. Die Veranstaltungsbranche fällt mit ihren Sendeanlagen bei der ITU unter den Bereich „Land Mobile Service“, mobiler Landfunkdienst, kurz: Mobilfunk. „Bei der ITU wird international festgelegt, dass wir aktuell 470 bis 694 MHz in der Region 1 nutzen können – dort befinden wir uns.“ Die Vergabe von Frequenzen müsse mit allen Nachbarstaaten abgeklärt werden. „Es wird grenzüberschreitend reguliert, weil die Frequenzen nicht an der Grenze aufhören, sondern Wechselbeziehungen bestehen. Aus dem Grund wurde die Welt in Regionen eingeteilt: Jede Region kann ihre Regeln definieren.“
Als Grundlage für die Frequenzzuweisung in Europa dient die sogenannte ETSI-Norm des „European Telecommunications Standards Institute“. „Sie sorgt dafür, dass sich alle Zuständigen an die Regeln halten.“ In Deutschland nimmt die Bundesnetzagentur die Einteilung mit dem sogenannten Frequenzplan vor, der bei der Behörde herunterladbar ist. Zusätzlich sind Regulierungen der Bundesnetzagentur auf regionaler Ebene möglich.
In Österreich und der Schweiz ist die Nutzung von Drahtlosanlagen ebenfalls beim mobilen Landfunk angesiedelt. Dort lassen sich entsprechende Informationen finden. „Ähnlich wie in Deutschland existiert der professionelle Betrieb, nur der 700-MHz-Bereich wurde nicht zugewiesen.“ In Österreich ist das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie zuständig. „Hier heißt es Funk, Schnittstellenbeschreibungen für Ton und Bildübertragung. Auch hier sind die Bereiche ähnlich wie in Deutschland. Dort kann man mit den Systemen, die man in Deutschland nutzt, auch im näheren Ausland gut arbeiten.“
Shure bietet für einen Überblick einen Frequenz-Guide an, der auch als Download verfügbar ist und laut Hersteller Informationen über die in Frage kommenden Frequenzen sowie eigene Systeme liefert. Als weiteres tägliches Handwerkszeug empfiehlt Markus Eichhofer die Webseite der Association of Professional Wireless Protection Technologies. Dort seien alle Informationen gebündelt zu finden.
Auf breitbandige Systeme achten
Was aktuelle Veranstaltungen angeht, spricht sich Markus Eichhofer als goldene Regel dafür aus, jeweils vorab einen Scan per Software oder am Gerät durchzuführen. Hier eigneten sich die Werkzeuge der Hersteller, die teilweise belegte Frequenzen, auf denen nicht gesendet werden darf, ausblendeten. Generell lohne ein wacher Blick, welche Geräte bei einer Produktion unterwegs sind, die den Drahtlosbetrieb beeinflussen könnten. Denn eine LED-Wand, die auf den ersten Blick nichts mit Funk zu tun hat, sende auch massive elektromagnetische Wellen aus, die ein Drahtlossystem behindern könnten.
Bei Neuanschaffungen empfiehlt er, in breitbandige Systeme zu investieren, die auch nach 2031 genutzt werden könnten, falls dann einzelne Frequenzbänder wegfallen. Aufgrund der vermutlich wachsenden Nutzungsdichte der Frequenzbereiche rät er zu Spektrumseffizienz, wie er es bezeichnet: Die im System eingetragene Frequenz sei immer eine Mittenfrequenz des Trägers. Dazu sei die Bandbreite des Trägers interessant. „Wenn ich die Möglichkeit habe, zu schauen, wie breit mein Träger ist, würde ich lieber auf schmalbandige Träger setzen, um im verfügbaren Spektrum viele Mikrofone unterzubekommen.“[15483]