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National Broadcast Centre und Stabhochsprung-Wettbewerb

Spitzenleistung bei den Finals (1)

Die Deutschen Meisterschaften in 18 Sportarten fanden als „Die Finals Rhein-Ruhr 2023“ am zweiten Juli-Wochenende in Düsseldorf und Duisburg statt. Um die viertägige Veranstaltung an den neun Austragungsstätten optimal in Szene zu setzen, hatten ARD und ZDF bereits Monate zuvor einen gemeinsamen Produktionsplan entwickelt. Bernhard Herrmann hat sich für unser Heft 9.2023 die aufwendige TV-Produktion und Technik vor und hinter den Kameras angeschaut.

Stabhochsprung - Luke Zenker beim Sprung
Foto: Creative Art Production

„Die Finals“ haben sich fest im nationalen Sportkalender etabliert. In diesem Jahr fand die Veranstaltung, bei der die Deutschen Meisterschaften in 18 Sportarten ausgetragen werden, an neun Sportvenues in Düsseldorf und Duisburg statt. Die Schwimm- und Leichtathletik-Wettbewerbe waren nach Berlin beziehungsweise Kassel ausgelagert worden. ARD und ZDF produzierten bei den „Finals“ mehr als 25 Stunden live und linear ausgestrahltes Sportprogramm. Dazu kamen noch etwa 70 Stunden Livestreams. In den TV-Compounds wurde das Bildsignal in 1080i/50 mit Stereoton produziert.

National Broadcast Center

Das National Broadcast Center (NBC) war beim WDR Fernsehen angesiedelt. Während draußen hochsommerliche Temperaturen herrschen, findet Clemens Dieckmann, technischer Leiter des NBC, zielstrebig seinen Weg über gesicherte Zugänge und Fahrstühle in den Keller des WDR-Gebäudes in Köln in die klimatisierte Regie B, wo unter anderem auch die „ARD Sportschau“ produziert wird.

„Die Finals werden technisch vom WDR für ARD und ZDF zentral aus Köln abgewickelt, erläutert Dieckmann. „Die Regie B, der Dispatcherraum, der Sportcampus, der Eventschaltraum und die Schnittplätze im Archivhaus, der Rechtsschule und dem Sportcampus bildeten das NBC für die Finals. Das technische Team des WDR steht als „Multiper- sonal“ für beide Sender zur Verfügung, während Regie, Redaktion und Bildmischer von der jeweils sendenden Rundfunkanstalt kommen.“ In der ersten Reihe vor einer riesigen Monitorwand, liegt rechts außen am sehr langen Bedienpult der Arbeitsplatz des technischen Leiters. Links neben ihm folgt die Bildmischerin, die an einem Grass Valley Kayenne Panel 4,5 ME ́s mit K-Frame Unit arbeitet. Es schließt sich der Arbeitsplatz des Bildregisseurs an. Daneben sitzt der Leiter der Sendung. Dann folgt der Redakteur vom Dienst und der „Uhrstudent“, der die Zeiten der einzelnen Positionen einer Sendung stoppt.

In der Tonregie sitzt ein Kommandoingenieur an einem „Riedel Artist“-Systemplatz. Er war für die komplette Kommando-Infrastruktur im NBC während der „Finals 2023“ verantwortlich. „Alle Venues waren mit zwei stereofähigen SIP-Codecs mit Köln verbunden. Darüber liefen die PCC (Programm 4-Draht), TCC (technische 4-Draht) und die N-1- Rückversorgung zu jedem Venue. Aus Havariegründen hatten wir auf den Videorückleitungen zu jedem Venue noch eine N-1-Leitung und ein Havariekommando aufembedded“, erläutert der technische Leiter Clemens Dieckmann.

ARD/ZDF National Broadcast Center (NBC) beim WDR in Köln
Die Regie B im National Broadcast Center der „Finals 2023“ (Foto: Creative Art Production)

Schnitt und Streaming

An zwei EVS-Arbeitsplätze in der Regie erfolgt der Schnitt der Highlights, Interviews und das zeitversetzte Senden. Ein separater Raum der Regie B wurde für das MAZ/Playout und EVS Ingest bereitgestellt. „Hier erfolgt das Einspielen der Beiträge von einem Quantel-Server in die Sendung, die Administration der EVS-Infrastruktur und das Anlegen der Streams auf die Speicher“, sagt Dieckmann. „Alle Signale wurden zusätzlich zentral auf das Quantel-Sportserversystem aufgezeichnet und bearbeitet. Um alle TV-Feeds auf EVS-Systemen verfügbar zu haben, kamen noch zwei weitere EVS XT3 nur für den Feed ,Ingest‘ zum Einsatz. Gespeichert wurden die Feeds auf einem EVS Xstore.“

Der gesamte Schnitt der Einspielbeiträge und die Zulieferung der Nachrichten von ARD und ZDF fand zentral auf der Quantel-Serverplattform statt. Das Livestream-Angebot von ARD und ZDF kam aus dem dem Dispatcher-Raum im WDR und umfasste drei Streaming-Kanäle, die parallel auf zdfsport.de und sportschau.de abrufbar waren. Die Mischung der Streaming-Signale erfolgte am jeweiligen Venue und wurde durch den zuständigen Toningenieur im Ü-Wagen am Wettkampfort betreut. Gestaltet wurde das jeweilige Programm von der im Hauptprogramm sendenden Anstalt. Im Dispatcherraum wurden aus den neun einlaufenden Sportvenues die jeweiligen Streams technisch überprüft und dann über eine Webregie auf die drei Streaming-Encoder des WDR und nach Mainz zum ZDF gegeben. An allen Venues gab es zusätzliche Kommentatoren-Plätze für das Streaming.

„Auch der Eventschaltraum des WDR wurde für die ,Finals‘ genutzt. Hier wurden alle Bild- und Tonsignale der einzelnen Venues empfangen, die externen Kommando-Verbindungen verwaltet, die Sendeleitungen bestückt und überwacht sowie sämtliche Überspielungen koordiniert“, erklärt Clemens Dieckmann. „Alle Venues waren über zwei SIP Stereo Codecs mit dem WDR verbunden. Darüber liefen die Programmabsprachen (PCC), die technischen Absprachen (TCC) und die N-1- Audiorückversorgung“.

Die Venues und das ZDF in Mainz wurden von VIDI aus Darmstadt via MD8000 an den WDR angebunden. Jedes Venue hatte eine lineare TV-Sendeleitung, eine Streamingleitung und eine Rückleitung. VIDI gab 25 ankommende HDSDI-Signale an den WDR ab und schickte inklusive der Anbindung an das ZDF 19 Signale zurück. Außerdem wurden die Venues noch mit einer 100 Mbit Datenanbindung versorgt.

Stabhochsprung am Rheinufer

Am Düsseldorfer Rheinufer stand der Ü-Wagen 4 mit Rüstwagen von TVN aus Hannover, die für die Live-Produk tion von den Sportarten 3×3 Basketball und Stabhochsprung vorgesehen waren. Etwa 150 Meter südlich war eine Stabhochsprunganlage aufgebaut, an der sich hinter der oberen Kaimauer das Publikum in mehreren Reihen drängelte. An der Nord- und Südseite des etwa 50 Meter langen Stegs befanden sich Tribünen für das Publikum. Davor stand jeweils eine Kamera auf Rollenstativ mit einem Boxobjektiv. Auf einer LED-Videowall lief das Programmbild für das Publikum.

Stabhochsprung - Luke Zenker beim Sprung

Stabhochsprung Minikamera mit Weitwinkelobjektiv oberhalb der Latte
Viel Aufwand für sieben Sekunden Action: Für den Stabhochsprung standen etliche Kameras unter anderem auch an der Sprunglatte bereit. (Fotos: Creative Art Production)

Weil die Stabhochspringer Richtung Norden anliefen und sprangen, mussten die Kameraleute stets in die Sonne drehen, was in der Bildtechnik beim Regeln der Blenden für reichlich Arbeit sorgte. Zwei Kameramänner und eine Kamerafrau mit Schulterkameras waren neben der Anlaufbahn postiert. Ein Kameramann kniete neben der Anlaufbahn und zeigte aus etwa fünf Metern Entfernung, die sich startbereit machenden Athleten aus der Bodenperspektive.

Die unterschiedlichen Kameraperspektiven ermöglichten eine ausgefeilte Inszenierung der Sprünge, die einschließ- lich Anlauf nur sieben Sekunden dauerten. Mit der Kamera auf dem Boden wurden die Athleten mit dem Sprungstab in der Hand und dem Rheinturm im Hintergrund in Weitwinkel-Perspektive etabliert. Im ersten Umschnitt in die Nahaufnahme zeigte die Kamera hinter der Landezone, wie der Sportler den Stab hochnahm. Sogar das Hitzeflimmern in der Luft war zu erkennen. Beim Bildschnitt zurück in die Bodenperspektive lief der Athlet an und rechts aus dem Bild heraus.

Nach dem Umschnitt übernahm eine Kamerafrau mit einem Easyrig Cinema 3, die seitlich ein paar Meter vor der Hochsprunganlage stand, den weiteren Anlauf des Athleten. Mit einer Körperdrehung nach rechts verfolgte sie den Hochspringer in einer halbtotalen Einstellung, während er den Stab im Einstichkasten positioniert und sich dann in die Höhe schraubt. Sobald sich der Athlet mit beiden Füßen voran vom Stab abstieß und die Latte übersprang, zoomte die Kamerafrau leicht ein. Das Aufstehen und den Jubel nach geglücktem Sprung nahm nach einem Umschnitt ein Kameramann mit einer drahtlosen Schulterkamera auf der anderen Seite des Stegs auf.

Nach einem Bildtrenner folgten die Zeitlupenaufnahmen der EVS-Operatoren. Eine Minikamera mit Weitwinkel-Objektiv war am Einstichkasten mit Blick auf die Athleten befestigt. Eine weitere unbemannte Minikamera mit einem Weitwinkel-Objektiv war am Aufleger für die Latte befestigt. So ließ sich der gesamte komplexe Bewegungsablauf des Stabhochsprungs in der Slow-Motion sehr gut verfolgen, der in Realzeit nur 2,3 Sekunden dauert. Der Wettbewerb endete gegen 17.00 Uhr. Bis dahin mussten die Kameraleute in der prallen Sonne am Rheinufer arbeiten. [15360]


Lesen Sie hier, wie die Präsenter-Positionen bei der Übertragung der Finals 2023 gestaltet waren und wie die Boulderwettbewerbe übertragen wurden!


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