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Editor Moritz Krist baut eigene Miniaturen

Zurück zur Haptik

Moritz Krist ist Editor und Motion Designer. Doch die Arbeit im digitalen Raum war ihm irgendwann zu wenig. So begann er, aus Computerplatinen und Spanplatte futuristische Wolkenkratzer zu bauen. Sein Ziel sind Straßenschluchten wie in „Blade Runner“. Die ersten Testshots wurden auf Facebook gelobt. Krist nimmt uns mit auf seinen Lernprozess, wie man Miniaturen für Bewegtbild baut und dreht.

Miniatur einer futuristischen Stadtlandschaft
Foto: Moritz Krist

Früher war alles echter. Futuristische Städte, fliegende Autos und außerirdische Monster waren in allen Epochen Teil des Filmkanons. Es gab eine Zeit, da waren all diese Spezialeffekte haptisch zum Anfassen. Heute entstehen all diese Dinge virtuell am Rechner und werden oft genug auch in rein digitalen Umgebungen zum Leben erweckt. Moritz Krist baut zwar keine VFX, hat aber oft genug mit digitaler Problemlösung zu tun. Als Editor und Motion Graphics Designer für Hochglanz-Werbefilme von Adidas oder Porsche und Musikvideos wie „Intro“ von Jan Delay oder „Wieder genauso“ von Udo Lindenberg findet für ihn das visuelle Storytelling auf der zweidimensionalen Ebene seiner Timeline statt.

Nah dran reicht nicht

Krist begann während der Schulzeit, selbst mit der Kamera zu experimentieren. Als Pragmatiker wählte Krist die Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton und absolvierte diese Ende der 2000er Jahre bei der Wedeler Markenfilm beziehungsweise dessen Posthaus Infected. Krist arbeitete an der Kamera, am Schnittplatz und auch im Compositing an Nuke und Flame. Er schloss 2013 ab und ist jetzt seit zehn Jahren als Editor selbstständig, arbeitet aber bei kleinen Projekten auch immer wieder als DoP oder Operator. Krist wurde früh in seiner Genreleidenschaft durch den Look von Filmen wie „Star Wars“ und „Blade Runner“ geprägt. „Was mit großen, epischen Bildern zu tun hat, das fasziniert mich“, so Moritz Krist. Doch in aktuellen Produktion vermisst er manchmal die Erdung der visuellen Effekte. „Heute erreichst du einen Level mit 3D-CGI, das kommt schon nah dran an die Realität“, so Krist. „Aber ,nah dran‘ reichte mir nicht mehr.“ Als Erweckungsmoment bezeichnet er den YouTube-Kurzfilm „Slice of Life“ der kroatischen Filmgruppe um Regisseur Luka Hrgović und DoP Dino Julius. Dieser orientiert sich vom Look her stark an „Blade Runner“ und arbeitete dafür mit Miniaturen. Als Krist das Making-of sah, packte ihn der Ehrgeiz, das auch zu probieren.„Miniaturen sind eine ganz alte Technik, die mehrere Sachen miteinander verbindet“, so der Editor. „Die echte Haptik vor der Kamera, die kleinen Ungenauigkeiten und die optischen Möglichkeiten, das abzubilden.“

Miniaturenbau

Krist begann 2020 und baute einfache Quader aus Spanplatte und leimte alte Computerplatinen, Verpackungsmaterial und Elektrobauteile darauf. Für ihn war von vornherein klar, dass er keine detaillierten Miniaturen bauen wollte, die einer Nahaufnahme standhalten würden. So kam er zu einer handvoll Wolkenkratzer, mit denen er erste Standbilder erstellte. „Das mit Abstand Wichtigste ist das Scaling! Wie ist der Maßstab der Gebäude zueinander, wie groß stelle ich mir in der Stadt Menschen vor.“ Auf Modellbausätzen aus dem Fachhandel steht der Maßstab aufgedruckt. Krist musste seinen durch Ausprobieren herausfinden. Bei allen Gebäuden machte Krist Testfotos mit Nebelmaschine und Smartphone. „Wenn das da schon funktionierte, war das ein gutes Zeichen“, so der Editor. 

Miniatur einer futuristischen Stadt mit Blackmagic Kamera
Die Blackmagic Pocket 6K mit Tokina 11-16 mm im Einsatz (Foto: Moritz Krist)

Shooting

Bei der Beleuchtung der Shots gibt es zwei Quellen. Einerseits das harte Backlight, das den Mond oder eine andere, undefinierte Quelle erzählt. Andererseits die Innenbeleuchtung der Gebäude. Hier kann man einfach eine Lampe hineinstellen und Löcher in das Modell bohren. Krist entschied sich jedoch für eine elegantere Methode: Er kaufte meterweise Glasfaserkabel, schnitt dieses auf seine benötigten Längen zurecht und klebte diese mit der Heißklebepistole auf LED-Leuchten mit genügend Output. Die Leuchten hängte er in den Korpus der Gebäude, lötete eine 3-Volt-Stromquelle an und hatte so mit einem Schalter ein ganzes Gebäude angeknipst. „Der Vorteil bei Glasfaser ist, dass das Licht gerichteter ist und ich mehr Kontrolle über die einzelnen Quellen habe.“ Die Leuchte für die Hintergrundbeleuchtung ist eine Godox SL 60 W. „Die 60 Watt werden aber vermutlich im weiten Shot nicht reichen“, schätzt Krist. „Da werde ich für den späteren Dreh auf 150 Watt gehen.“

Die ersten Testshots dreht Krist aktuell mit einer Blackmagic Design Pocket Camera 6K. „Ich bin ein großer Blackmagic-Fan, auch durch meine Posterfahrung“, so Krist. „Die aus der Pocket sind einfach sehr schön und ich finde auch dem Blackmagic RAW extrem handelbar.“ Auf der Pocket 6K nutzt er den ProRes 4:2:2 HQ Codec in 4K, um schon im Compositing in der Testphase einen ordentlichen Spielraum im Material zu haben. Diesen erhält er auch, weil der Super-35-Sensor der Pocket 6K eine Dual-Gain-ISO-Funktion hat, mit der er ohne größeres Grundrauschen auf ISO 3.200 gehen kann. Die Bewegung bringt ein programmierbarer 4-Achsen-Slider des spanischen Herstellers Noxon mit einer ausziehbaren Schienenlänge von bis zu 120 Zentimetern und einem programmierbaren Kopf. Das reicht für eine eindrucksvolle, horizontale Parallaxe mit Pan, Tilt, Fahrt und theoretisch auch Fokuskontrolle. [15312]


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